Drei Jahre Wissensrouten – Resümee und Ausblick
Drei Jahre gibt es nun Wissensrouten an hessischen Volkshochschulen und der Burg Fürsteneck. Ende 2020 ging der erste Projektförderung zu Ende - Zeit, um ein wenig zu resümieren und um einen kleinen Ausblick zu geben!
Eine Idee aus Bayern macht den Anfang
In diesem Fall war es der Bayerische Volkshochschulverband, der vor einigen Jahren gemeinsam mit der Stiftung Zuhören und dem Bayerischen Rundfunk das Projekt Hörpfade aus der Taufe hob. Seitdem haben Kursteilnehmer*innen an den bayerischen Volkshochschulen zu Kultur und Geschichte ihrer heimatlichen Regionen recherchiert und – angeleitet von Mitarbeiter*innen des Bayerischen Rundfunks – zahlreiche Hörbeiträge produziert, die über eine Online-Plattform der Öffentlichkeit zugängig gemacht wurden.
Die Idee wird für Hessen weiterentwickelt und umgesetzt
Einige Volkshochschulen aus Hessen sowie der Hessische Volkshochschulverband waren fasziniert von den Hörpfaden und tauschten sich mit der beim Bayerischen Volkshochschulverband hierfür zuständigen Kollegin Ruth Jachertz aus. Gemeinsam suchte man nach Möglichkeiten, ein ähnliches Projekt auch in Hessen umzusetzen.
2017 ergab sich dann die Chance im Rahmen des gerade verabschiedeten Weiterbildungspakt Landesmittel für eine Anschubfinanzierung in Hessen zu beantragen. Der Landesverband übernahm die Federführung des Gesamtprojekts und entwickelte mit insgesamt acht hessischen Volkshochschulen und der Heimvolkshochschule Burg Fürsteneck ein tragfähiges Konzept. Der Antrag beim Hessischen Kultusministerium wurde erfreulicherweise bewilligt, und das Projekt Wissensrouten konnte im Jahr 2018 starten.
Die Wissensrouten – ein neues Format gesellschaftlich-politischer Bildung
Was bedeuten die Wissensrouten praktisch umgesetzt? Es geht in den Kursen darum, den Teilnehmenden der vhs-Wissensrouten-Kurse zu ermöglichen, journalistische Erkundungstouren zu unternehmen und Formen des „Digital Storytelling“ kennen zu lernen. Die Teilnehmenden der Kurse lernen, die erzählten Geschichten medial zu gestalten – sei es in Form von digitalen Hör- und Videobeiträgen oder Ton-Bild-Kollagen. Diese von den Kursteilnehmenden produzierten digitalen Beiträge werden nach Fertigstellung im Kurs auf einer Online-Landkarte veröffentlicht - die einzelnen Stationen auf der Landkarte fügen sich zu öffentlich abrufbaren Wissensrouten zusammen.
Die Wissensrouten als Zeitdokumentation
Mit der Zeit entsteht im Projekt unter aktiver Mitwirkung der in Hessen lebenden Bürgerinnen und Bürger eine einzigartige Zeitdokumentation. Die einzelnen Beiträge werden über die interaktive Landkarte für andere erlebbar und finden durch das Teilen in Sozialen Medien öffentliche Verbreitung und Aufmerksamkeit.
Fortbildungen für vhs-Wissensrouten-Kursleiter*innen
Es gelang dem hvv, Elke Dilmmann, erfahrene medienpädagogische Mitarbeiterin des Bayerischen Rundfunks, und als Medienpädagogin an den Hörpfaden beteiligt, als Referentin für die Fortbildungsreihe für Kursleitungen hessischer Volkshochschulen zu gewinnen, welche anschließend Wissensrouten-Kurse anleiten.
An jeweils zwei Wochenenden wurden diese intensiv geschult: Sie lernten, wie man aus recherchierten Themen Hörbeiträge gestaltet, und welche akustischen Gestaltungsmittel es gibt, um Fakten informativ, unterhaltsam und spannend zu vermitteln. Sie erlernten den Umgang mit dem Mikrofon, übten das Sprechen von Texten und das Bearbeiten und Schneiden von Audios und Videos am Computer. Dieses Wissen konnten sie späterhin an ihre Kursteilnehmer*innen an der vhs weitergeben.
Unterstützung durch Mediencoaches
Um den Austausch und die gegenseitige Ergänzung von fachlichem mit technischem Wissen von vornherein zu unterstützen, band der Hessische Volkshochschulverband sogenannte Mediencoaches ein. Diese, bereits mit einem profunden fachlichen Wissen zur Handhabung digitaler Medien ausgestatteten Expert*innen, ergänzten in den späteren vhs-Kursen die Kursleiter*innen v.a. im technischen Bereich. Sie unterstützten die Kursteilnehmer*innen, wo notwendig, so z.B. beim Abfassen der Beiträge als Hörtext, bei der Handhabung der Geräte und der Schnitttechnik und der Produktion professioneller Hör- und Videobeiträge.
Die Wissensrouten: mehr als nackte Zahlen
Drei Jahre, siebzehn Kurse, über sechzig Hör- und Video-Beiträge. So knapp liest sich das, wenn man das Projekt der Wissensrouten in Zahlen fasst.
Was diese Zahlen nicht wiedergeben können, ist das, was die Wissensrouten wirklich ausmacht: Erst wenn wir als Interessierte in die einzelnen Hör- und Videobeiträge hineinhören oder sie mit Muße ansehen, können wir erahnen, was die Kurse den Teilnehmer*innen, neben der Recherche zu spannenden örtlichen Themen der Geschichte, Kultur, Gesellschaft und Politik und dem Erwerb digitaler Kompetenz vermittelt haben.
Es waren die menschlichen Begegnungen, der Austausch miteinander. Das Verstehen der und das Verständnis für die Situation und Lebensentwürfe anderer. Regionale Kultur und Geschichte wurden (wieder) entdeckt, gesellschaftliche Prozesse und Entwicklungen reflektiert, interpretiert und öffentlich gemacht. Generationenübergreifendes (voneinander) Lernen, insbesondere im Hinblick auf den Umgang mit regionalem kulturellem und geschichtlichem Erbe, wie auch im Umgang mit digitalen Technologien, machte nicht nur den Reiz dieses Projekts aus, sondern verhalf den Wissensrouten insgesamt zum Erfolg.
Eine Übersicht und die Veröffentlichung sämtlicher in den Wissensrouten-Kursen entstandenen Beiträge finden Sie unter https://www.wissensrouten-karte.de/ Ein Übersicht über alle Kursthemen gibt es im Archiv vergangener Kurse.
Eine beispielhafte Vorstellung von Wissensrouten-Beiträgen gibt es auf der Projekt-Webseite im Blogbereich:
https://www.wissensrouten.de/drei-jahre-wissensrouten-resuemee-und-ausblick
Die Wissensrouten – zukunftsweisend und auch zukunftsfähig?
Das Projekt der Wissensrouten wurde über die Förderung des hessischen Kultusministeriums angeschoben, es flossen Mittel hieraus in die Fortbildung von Kursleiter*innen, in die Anschaffung von Aufnahmegeräten, den Aufbau und die inhaltliche Redaktion einer professionellen Website und damit verbunden in fachliches Personal.
Damit haben die Wissensrouten einen guten Start gehabt. Und das erworbene Wissen, die Gerätschaften wie auch die Website mit der interaktiven Landkarte werden über den Server des hvv weiter bereitgehalten.
Welcher Themen sich die regionalen Volkshochschulen im Rahmen von Wissensrouten-Kursangeboten in Zukunft annehmen werden, ob sie das Konzept der Zweigleisigkeit mit Kursleitung und Mediencoach weiterführen können und wollen, ist derzeit offen. Möglichkeiten gibt es viele, sei es unter Einbeziehung lokaler und regionaler Partner oder in der Wahl der Themen. Dass der Fokus auf politische Bildung, den die Wissensrouten bislang umsetzten, ein richtiger und wichtiger ist, in einer demokratischen Gesellschaft wie der unsrigen, ist selbstredend.
Ideen und großes Engagement bestehen weiterhin: So wünschten sich beispielsweise die Teilnehmenden der Wiesbadener Kurse zu den Stolpersteinen, dass alle in Wiesbaden verlegten Stolpersteine in der Form der entstandenen Wissensrouten-Beiträge zum Sprechen gebracht werden. Die bereits vorhandenen Beiträge können auch beispielgebend sein für andere Städte, in denen der Künstler Günter Demnig Stolpersteine verlegt hat. Auch was die Verortung des Projekts angeht - nämlich im Querschnitt von Digitalisierung und politischer Bildung - liegen die Wissensrouten-Kurse richtig und bieten auch Ansätze für zukünftige Angebote an den Volkshochschulen über die Wissensrouten hinaus.
Die Online-Landkarte als Dokumentation hessischer Geschichte, gesellschaftspolitischer wie kultureller Ereignisse und Aktivitäten möge sich weiter füllen und einem noch breiteren Publikum zugängig gemacht und bekannt werden.
Autorin: Ulrike Keß